Unsere Gesellschaft ist auch in politischer Hinsicht immer wieder dazu aufgefordert, auf Probleme mit fundierten Entscheidungen zu reagieren. Aber wann sind Entscheidungen eigentlich fundiert? Meist wird an dieser Stelle die Wissenschaft ins Boot geholt. Daran knüpft sich die Erwartung, die Wissenschaften könnten zunächst die Sachlage klären, damit man auf dieser Basis dann entscheiden kann, was nun zu tun sei.
Tatsächlich ist wissenschaftliches Wissen meistens gar nicht so klar, wie gesellschaftliche EntscheidungsträgerInnen sich das oft wünschen würden. Das liegt auch an der Art und Weise, wie die Wissenschaft solches Wissen eigentlich ‚macht‘. Besonders spannend wird es, wenn verschiedene Parteien und AkteurInnen mit unterschiedlichen Interessen darüber streiten, wie der Wissensstand jetzt eigentlich sei und was das für anstehende politische Entscheidungen zu bedeuten habe.
Einen solchen Fall schauen wir uns an: Spätestens seit die Europäische Kommission im Jahr 2013 den Einsatz von bestimmten Insektenvernichtungsmitteln, den sogenannten Neonicotinoiden, auf Grundlage eines wissenschaftlichen Gutachtens aussetzte, entbrannte ein Streit zwischen Agrarindustrie, Umweltorganisationen, ImkerInnen, politischen Parteien und WissenschaftlerInnen darüber, wie die Faktenlage zur Schädlichkeit solcher Wirkstoffe ‚wirklich‘ aussieht. Das Bild, das jede/r diese/r AkteurInnen dabei davon zeichnet, ist häufig nicht unabhängig von deren Zielen, Strategien und Werten. Was soll jetzt die Wahrheit sein? Und warum?